Dienstag

Kinderarzt ✖

Vom ersten Tag meines Lebens an war ich nie dazu bestimmt viel mit anderen Menschen zu tun zu haben, ich war ein zurückhaltendes und misstrauisches Kind, hab mir nicht viel aus anderen gemacht und hatte dementsprechend auch die charakteristischen Eigenschaften des allein seins erlernt. Nachdem ich anfing meine Augen zu öffnen und lernte jemand anderes zu sein, jemand der ich wirklich sein wollte, drehte sich das alles um 100°, ich kenne viele Leute, schließe schnell Kontakte, manchmal aber werde ich an dieses schmerzliche leben- vor all dem dunklem, vor all der Kälte, erinnert, zum Beispiel wenn ich bei meinen Eltern bin, oder in gewissen Räumen, meinem altem Kindergarten, das Wartezimmer meiner Kinderärztin. Orte die mein Unterbewusstsein aus verschiedenen Gründen vermeiden wollte, aber wenn ich jetzt hier sitze, in diesem alten Krankenzimmer, alte Stofftiere auf dem Untersuchungstisch, die gleichen durchsichtigen Bilder am Fenster, dann spüre ich etwas, etwas unwirkliches. Es ist nicht die angst vor dem Arzt, der Geruch macht mich nicht verrückt wegen den Krankheiten, dem Leid, es sind die Erinnerungen die ich verdränge, die in jeder Ecke des Zimmers haften und mir Bilder von einem glücklichem kleinen Mädchen in den Kopf setzen, all das was ich vergessen wollte. Das Wissen, dass ich dieses Gebäude nicht verlassen kann ohne dass ein Teil meiner Seele hier hängen bleiben wird, ist kaum auszuhalten. Ich bin nicht krank, ich bin nur erschöpft, ich bin nicht müde, ich kann nur nicht mehr wach sein, ich bin immer noch die einzige die weiß, dass mir kein Medikament der Welt helfen kann mich besser zu fühlen. 



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